Vielleicht bist du selbst gerade an dem Punkt, an welchem du in deiner Partnerschaft einfach nicht weiterweisst. Streitet ihr viel und kommt nicht auf einen gemeinsamen Nenner? Herrscht konstant schlechte Laune und du weisst nicht wieso? Oder fühlst du dich ruhig, merkst aber, dass ihr euch gegenseitig nichts mehr zu sagen habt? Dies könnten Gründe darstellen, sich als Paar in eine Therapie zu begeben. In der verhaltenstherapeutischen Paartherapie werden durch ein problem- und zielorientiertes Vorgehen wichtige Kompetenzen für eine starke Beziehung trainiert und Paare dazu befähigt, ihre Konflikte und Probleme selbst in die Hand zu nehmen. Wenn bei euch der Wunsch nach Veränderung da ist, dann könnte eine Paartherapie durchaus eine geeignete Option sein. Was genau bei dieser passiert, erkläre ich euch in den folgenden Abschnitten.
Alles auf Anfang Wenn ihr in eure erste Therapiesitzung kommt, dann geht es primär einmal darum, eine optimale Grundlage zu schaffen, damit ihr euch als Paar im weiteren Verlauf der Therapie auch den tiefer sitzenden Themen und Problemen stellen könnt. Konkret bedeutet dies, eine vertrauensvolle Beziehung zum*r Therapeute*in aufzubauen, gemeinsamen Inseln für euch als Liebespaar zu schaffen (freie Zeit nur zu zweit) und eine positive Paarinteraktion aufzubauen. Ihr werdet in der Paartherapie lernen, wie man besser miteinander kommuniziert, Probleme effizienter löst und gemeinsam besser mit Stress umgeht. Diese Fertigkeiten werden zuerst einfühlsam durch den*die Therapeut*in gelehrt und sollen danach auch ausserhalb der Therapie im Beziehungsalltag trainiert und angewendet werden. Positivität stärken Paare, welche in einer Krise stecken, haben meist mehr Negativität in ihrer Kommunikation und ihrem Verhalten. Es kann sein, dass euch das auch schon so ergangen ist. Man streitet sich häufiger als sonst, kommuniziert provokativ oder es herrscht einfach nur Langeweile in der Beziehung. Mit dem Reziprozitätstraining wird diese Negativität gesenkt und positive Verhaltensweisen, wie das gegenseitige Loben, liebevoll zueinander sein, Komplimente machen und sich Aufmerksamkeit schenken, verstärkt. Gleichzeitig werden negative Interaktionen, wie Provokationen oder Dominanz in der Kommunikation, verallgemeinernde Kritik («du bist immer..», «nie hast du..», etc.) aber auch Rückzugsverhalten, abgebaut. Je positiver die Paarinteraktion, desto positiver sind auch die Erwartungen auf die Reaktion des jeweils anderen, was die Bearbeitung von tiefer gehenden Themen vereinfacht. Da zu Beginn einer Beziehung meistens aufmerksam und liebevoll miteinander umgegangen wird, ist diese Übung eigentlich nicht mehr, als das Wiederherstellen dessen, was bereits einmal da war. Deshalb ist diese Übung bestens für den Therapiebeginn geeignet, weil sie bewältigbar ist und somit dem Paar das motivierende Gefühl gibt «wir können das».
Sprechen und zuhören Nachdem die ersten Grundsteine gelegt sind, ist das Kommunikationstraining eines der Hauptbestandteile der verhaltenstherapeutischen Paartherapie. Dabei werden euch Regeln gezeigt, mit welchen ihr eigene Bedürfnisse richtig ansprecht und euer Gegenüber empathisch dabei zuhört. Das Kommunikationstraining ist daher ein Mittel zum Zweck und ermöglicht Paaren, besser aufeinander eingehen zu können. Denn nur mit einer angemessenen Kommunikation können auch wichtigere, tiefer liegende Themen angesprochen werden. Welche Ausdrücke sollen also in einem konstruktiven Austausch vermieden werden? Auf der Sprecherseite sind das Generalisierungen («immer bist du zu spät», «nie hast du Zeit für mich», etc.), Du-Botschaften («du kümmerst dich nie um unsere Beziehung», «es ist alles deine Schuld», etc.), Attackieren und Forderungen von Verhaltensveränderungen, sowie das Abschweifen in die Vergangenheit. Klassische Kommunikationsfehler bei der zuhörenden Person sind häufiges Unterbrechen, fehlendes Zuhören und Verharren auf dem eigenen Standpunkt, als auch das Aufdrücken der eigenen Meinung. Konkret werden daher je 3 Regeln für den Zuhörenden und den Sprechenden etabliert. Als Sprechende*r sollte man aus der Ich-Form erzählen und stets aus eigenen Erfahrungen berichten, sich auf konkrete Beispiele beziehen (statt zu pauschalisieren) und die genaue Gefühlslage beschreiben (welche Gefühle hat eine bestimmte Situation in mir ausgelöst). Für den*die Zuhörerende*n ist es wichtig, aktiv zuzuhören (mit unterstützendem Kopfnicken und Blickkontakt), zwischendurch das Gesagte zusammenfassen und offene Fragen stellen, falls etwas nicht verständlich war, um eigene Interpretationen zu vermeiden.
Probleme gemeinsam lösen Neben der Kommunikation wird auch die Fähigkeit als Paar, Probleme zu lösen, in der verhaltenstherapeutischen Paartherapie trainiert. Das Ziel dabei ist es, Alltagsprobleme besser regeln zu können, damit diese erst gar nicht für Turbulenzen in der Beziehung sorgen. Hast du dich auch schon mal geärgert, weil dein*e Partner*in den Müll nicht rausgebracht hat? Du kommst nach Hause und es herrscht ein riesiges Chaos? Oder es steht Besuch von den Schwiegereltern an, doch eigentlich hast du gar keine Zeit dafür? In nur wenigen Schritten lernt ihr in der Paartherapie, wie ihr solche Probleme richtig adressieren könnt, gemeinsam dafür nach Lösungen sucht, diese nach ihrer Güte bewertet und schliesslich konkretisiert, wie genau ihr das Problem angehen wollt. Danach lernt ihr auch, diesen Lösungsversuch anzuwenden und schliesslich zu evaluieren, wie gut diese Lösung in der Realität funktioniert hat.
Wie ihr seht, gibt es viele gute Gründe, eine Paartherapie zu besuchen. Die Prozesse werden langsam und behutsam durch den Therapeuten eingeleitet. Gerade in den ersten Sitzungen sind die Aufgaben einfacher zu bewältigen, so dass ihr eine gute Beziehung zum*r Therapeute*in aufbauen und erste Kompetenzen, wie Kommunikation und Problem lösen, erlernen könnt. Nach und nach werdet ihr beobachten können, wie ihr als Paar gemeinsam wächst und euch Schritt für Schritt dem wahren Kern eurer Beziehungsprobleme nähert. Für die weiteren Elemente der Verhaltenstherapie für Paare könnt ihr gerne den zweiten Teil des Blogs durchlesen, damit ihr auch ganz genau wisst, was euch erwartet. Dieser Eintrag basiert auf dem Artikel Verhaltenstherapeutische Paartherapie von Guy Bodenmann und Corina Merz aus dem Jahr 2012. geschrieben von Rebecca Vollenweider
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