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Frauen wollen nicht nur reden

Beziehung hält gesund

Normalerweise versuche ich mich in meinen Blog-Einträgen einem Thema nicht nur aus weiblicher Perspektive zu nähern. Doch in diesem Eintrag geht es um Frauen. Was nicht heisst, dass er nicht auch für Männer interessant sein kann. Eigentlich dürfte er für Männer umso interessanter sein, da wissenschaftlich fundierte Einblicke in die weibliche Psyche auch ihnen durchaus Hilfe für den partnerschaftlichen Alltag bieten können. Natürlich gibt es dabei nicht die Frau oder den Mann. Auch wenn in Untersuchungen immer wieder geschlechtsspezifische Tendenzen gefunden werden, ist und bleibt jede Person individuell. In diesem Eintrag gehe ich der Frage nach, was frau von ihrem Partner braucht, wenn frau gestresst ist und wie sich ihre Beziehung dadurch positiv auf ihre Gesundheit auswirken kann. Inzwischen gibt es viele Studien, die zeigen, dass soziale Unterstützung bei verschiedenen Erkrankungen einen positiven Einfluss auf deren Entwicklung und Verlauf hat. Auch zeigen Studien, dass verheiratete Personen ein tiefere Krankheits- und Sterberate aufweisen. Dieser Effekt scheint jedoch bei Männern stärker zu sein. Ein Grund für die Schutzwirkung von engen Beziehungen ist vermutlich eine weniger starke körperliche Stressreaktion in schwierigen Situationen. Heute wissen wir alle: Stress macht krank! Die körperliche Stressreaktion kann man gut erfassen, in dem man Cortisol (Stresshormon) und die Herzfrequenz misst. Zur Erfassung von psychologischem Stress (wie gestresst man sich tatsächlich fühlt) dienen in der Regel Fragebogen. Zusammen mit anderen Forscherinnen und Forschern hat Professor Bodenmann in einer Studie untersucht, ob und wenn ja, wie diese körperlichen und psychischen Reaktionen auf Stress bei Frauen durch Unterstützung von ihrem Partner beeinflusst werden können.


Die Studie

Die Forschenden untersuchten 67 gesunde heterosexuelle Frauen zwischen 20 und 37. Alle wohnten seit mindestens einem Jahr mit ihrem (Ehe)-partner zusammen. Die Frauen gaben an, dass sie in ihrer Beziehung zufrieden waren. Sie wurden im Vorfeld zufällig einer von drei Gruppen zugeteilt. Die erste Gruppe kam ohne ihre Partner zur Untersuchung. In den beiden anderen Gruppen wurden die Partner gebeten, die Frauen zu begleiten. Am Tag der Untersuchung mussten die Frauen einen psychosozialen Stresstest absolvieren (Trier Social Stress Test): Vor einer Art Juri (bestehend aus einem Mann und einer Frau) muss man während 5 Minuten eine Präsentation halten und anschliessend während 5 Minuten eine Kopfrechenaufgabe lösen (laut). Ich kann mir ziemlich gut vorstellen, wie ich mich dabei fühlen würde...Zuerst wurde der Frau der Untersuchungsraum (mit Juri und Videokamera) gezeigt und die Aufgaben wurden ihr erklärt. Anschliessend sollte sie sich während 10 Minuten in einen anderen Raum zurückziehen. Frauen der Gruppe 1 warteten dort alleine. Frauen der Gruppe 2 warteten gemeinsam mit ihrem Partner, der angewiesen wurde, sie verbal zu unterstützten. Dabei wurde ihm gesagt, dass er selbst am besten wüsste, wie er seine Partnerin verbal unterstützen könne. Frauen der Gruppe 3 warteten ebenfalls mit ihrem Partner. Dieser hatte jedoch eine Woche zuvor von einem Physiotherapeuten eine Anleitung für eine Nacken- und Schultermassage erhalten, die er nun seiner Partnerin verabreichen sollte. Dabei wurde das Paar angewiesen, nicht zu sprechen. Nach zehn Minuten verliess der Partner jeweils das Zimmer und die Frau hatte noch 5 Minuten, um sich alleine auf die anschliessende Präsentation vorzubereiten.


Den Frauen wurde einerseits Speichelcortisol entnommen (20 Minuten und 1 Minute vor dem Stresstest sowie 1, 10, 25 und 40 Minuten danach), andererseits trugen sie ein Gerät, welches jede Minute ihren Herzschlag registierte. Weiter wurden zu drei Zeitpunkten Blutproben genommen, um das Hormon Oxytocin zu messen. Das sogenannte Kuschelhormon führt unter anderem dazu, dass der Cortisolspiegel sinkt (es wird beispielsweise beim Stillen oder bei Sex und bei Berührungen ausgeschüttet). Um den psychologischen Stress zu erfassen, mussten die Frauen zudem vor und nach dem Stresstest Fragebogen ausfüllen.


Frauen wollen nicht nur reden

Hormonelle Reaktion auf Stress: In allen Gruppen nahm das Speichelcortisol durch den Stresstest zu und flachte nach einigen Minuten zunehmend wieder ab. Das ist eine normale Reaktion auf Stress. Spannend ist, dass es in der Gruppe 3 (Massage) am schwächsten anstieg. In Bezug auf das Oxytocin zeigten sich keine Veränderungen während des Experiments. Jedoch ist für die beruhigende Wirkung das Oxytocin im Gehirn ausschlaggebend und es ist schwierig, vom Oxytocin einer gewöhnlichen Blutprobe auf den Oxytocin-Level im Gehirn zu schliessen. Herzfrequenz: In allen Gruppen nahm die Herzfrequenz während des Stresstests zu, was ebenfalls eine normale Reaktion ist. Auch hier fand sich jedoch bei Gruppe 3 (Massage) die geringste Zunahme. Psychologische Reaktion: Die Frauen gaben im Durchschnitt nach dem Stresstest stärkere Angstgefühle an als vor dem Stresstest. Zwischen den Gruppen fanden sich dabei keine Unterschiede. Ebenso fanden sich keine Gruppenunterschiede hinsichtlich der subjektiven Einschätzung, wie stressig die Aufgaben von den Frauen erlebt wurden.

In Kürze

In der Studie zeigte sich, dass positiver Körperkontakt mit dem Partner (in Form einer Massage) bei Frauen einen deutlich niedrigeren Cortisolanstieg im anschliessenden Stresstest zur Folge hatte. Weiter hatte die Massage in der darauffolgenden Stresssituation einen weniger starken Anstieg der Herzfrequenz zur Folge. Besonders interessant ist, dass diese Effekte erfolgten, nachdem der Partner den Untersuchungsraum bereits verlassen hatte. Es lag also nicht daran, dass die Frauen während der Stresssituation ihren Partner in der Nähe hatten. Dieser beruhigende Effekt zeigte sich allerdings nur bei der körperlichen und nicht bei der verbalen Unterstützung des Partners. Interessant ist auch, dass bei Frauen, welche vom Partner zuvor eine Massage erhalten hatten, zwar auf körperlicher und hormoneller Ebene eine geringere Stressreaktion zu beobachten war, sich auf psychologischer Ebene jedoch keine Unterschiede zwischen den Gruppen zeigten. Das heisst, dass die körperliche Interaktion mit dem Partner zwar einen Schutzeffekt hatte, dieser jedoch meist nur unbewusst ablief. Auch wenn diese Mechanismen unbewusst ablaufen, kann man davon ausgehen, dass geringere körperliche Stressreaktionen sich langfristig positiv auf die Gesundheit auswirken. So schliessen die Autorinnen und Autoren aus den Ergebnissen, dass Berührung und körperliche Nähe einen Aspekt des gesundheitsförderlichen Effekts von engen Beziehungen darstellen könnte.


Was nun Natürlich wollen wir Frauen auch über unseren Stress reden. Schliesslich sind wir bekannt dafür, dass wir immer lang und breit über alles reden wollen. Obwohl auch das sicher nicht auf jede Frau zutrifft. Und es ist wichtig, dass wir dabei auf offene Ohren stossen und nicht gleich mit schnellen Ratschlägen vertröstet werden. Aber besonders in akuten Stresssituationen hilft reden manchmal wenig. Hier kann eine beruhigende Berührung viel hilfreicher sein. Und für eine Umarmung oder eine kurze Massage bleibt auch im hektischen Alltag immer Zeit. Tut uns und unserer Gesundheit also etwas Gutes liebe Männer und schenkt uns hie und da eine liebevolle Berührung. Vielleicht besonders dann, wenn wir gestresst und nicht gerade liebenswert sind...Danke!

Dieser Eintrag basiert auf dem Artikel Effects of different kinds of couple interaction on cortisol and heart rate responses to stress in women von Beate Ditzen, Inga D. Neumann, Guy Bodenmann, Bernadette von Dawans, Rebecca A. Turner, Ulrike Ehlert und Markus Heinrichs aus dem Jahr 2007.

geschrieben von Noëmi Ruther

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