Wenn ein Baby in unser Leben tritt, sind wir meist voller Stolz und Freude und fühlen uns auch als Paar stärker verbunden denn je. Aber viele junge Eltern erleben auch grosse Belastungen und Herausforderungen: So kleine Wesen beanspruchen viel Zeit, Aufmerksamkeit und Energie. Mehr als 60 % der Paare geben an, dass sich ihre Beziehung durch die Geburt eines Kindes sehr verändert hat. Was bedeutet dieser Übergang für uns als Paar und was können wir tun, um diese Herausforderung zu meistern?
Reden ist Gold Wenn wir Eltern werden, ist erstmals alles anders. Eltern sein ist nichts, was wir geübt oder in der Schule gelernt haben. Unsere Welt wird auf den Kopf gestellt: Neue Aufgaben, neue Zeitpläne und -abläufe und neue Herausforderungen. Sowohl meine Partnerin als auch ich haben Vorstellungen und Erwartungen in Bezug auf diese neuen Situationen. Ich habe Erwartungen an mich selbst, aber auch an meine Partnerin. Vielleicht nehme ich mir vor, dass ich ein besonders geduldiger und feinfühliger Vater sein will (weil mein eigener Vater das (nicht) war). Oder meine Partnerin erwartet, dass ich mich jetzt weniger oft mit meinen Freunden treffe, damit wir mehr Zeit als Familie haben und ich sie entlasten kann. Auch wenn wir diese Gedanken nicht aussprechen, haben sie trotzdem Einfluss auf unser Denken, Handeln und Fühlen. Und wenn Erwartungen nicht erfüllt werden, reagieren wir oft mit Enttäuschung, Trauer, Angst oder Wut. Wenn ich beispielsweise die Vorstellung habe, dass ich nur dann ein guter Vater bin, wenn mein Kind kaum weint, reagiere ich entnervt, gestresst oder mit Schuldgefühlen, wenn mein Kind manchmal lange weint. Wenn ich aber glaube, dass mein Kind durch Schreien seine Bedürfnisse mitzuteilen versucht, reagiere ich vermutlich entspannter und gelassener auf das Schreien und versuche mein Kind mit unterschiedlichen Angeboten zufriedenzustellen. Wir alle haben solche Vorstellungen und Erwartungen und es ist wichtig, dass und das bewusst wird. Und wir sollten auch als Eltern darüber reden: Wie möchte ich als Vater sein? Wie stelle ich mir unsere Beziehung nach der Geburt vor? Was ist mir in Bezug auf meine Freizeit besonders wichtig, wenn wir ein Kind haben? Im Idealfall sprechen wir schon vor der Geburt darüber. Aber auch wenn wir schon Kinder haben, sind solche Gespräche sehr hilfreich und vermutlich denken wir auch nicht mehr ganz gleich wie vor der Geburt. Nur wenn wir darüber reden, kann ich die Erwartungen meiner Partnerin verstehen, ihr meine Vorstellungen näherbringen und Unterschiede klären. Solche Gespräche bringen uns auch näher zusammen und helfen uns, uns als Paar weiterzuentwickeln und zu unterstützen.
Team-Work Bleiben wir bei der Unterstützung: Wenn wir uns als Paar immer wieder gegenseitig unterstützen können, wird unsere Beziehung zu einem Ort, an dem wir uns sicher und wertgeschätzt fühlen und neue Energie tanken können. Und wenn wir Eltern werden, ist ein solcher Ort umso wichtiger. Eltern, die sich mehr unterstützen, erleben nicht nur ihre Beziehung, sondern auch ihr Elternsein positiver.
Es gibt verschiedene Formen der Unterstützung: Bei der ersten Form geht es mehr um die Gefühle, bei der zweiten mehr um konkrete Hilfe:
Bei dieser Form der Unterstützung geht es darum, dass ich Verständnis für die Sorgen und Nöte meiner Partnerin zeige und sie wertschätze ("Du bist eine sehr gute Mutter!"), ihr Mut mache ("Ich glaube fest an dich, du schaffst das!") oder mich mit ihr solidarisiere ("In dieser Situation würde es mir genauso gehen wie dir"). Diese gefühlsbezogene Unterstützung ist sehr wichtig, damit wir uns geliebt und verstanden fühlen.
Bei der zweiten Form geht es darum, dass ich meiner Partnerin ganz konkret Hilfe und Entlastung anbiete ("Ich kann unsere Tochter heute in die Krippe bringen, weil du so viel zu tun hast") oder mit ihr gemeinsam eine Lösung für ein Problem suchen. Auch diese problembezogene Unterstützung ist wichtig, damit wir gemeinsam den Alltag meistern können. Gerade als junge Eltern, brauchen wir das. Welche Unterstützung in einer Situation als hilfreich empfunden wird, kann sich aber im Laufe der Zeit ändern. Darum ist es wichtig, dass wir uns immer wieder mal eine Rückmeldung geben, was uns gutgetan hat.
Keine Zeit Ja, ein Baby braucht sehr Aufmerksamkeit und Nähe und vor allem extrem viel Zeit. Für viele Dinge, die ich vor der Geburt getan habe, finde ich kaum noch Zeit. Das ist manchmal frustrierend und schwierig. Manchmal ist es auch gut, ein wenig darüber zu trauern und sich einzugestehen, dass Kinder trotz aller Freude immer auch Verzicht bedeuten. Auch unsere gemeinsame Zeit als Paar hat abgenommen. Oft wechseln wir nur ein paar Worte und wenn wir einmal einen gemeinsamen Abend haben, werden wir dauernd unterbrochen. Aber Zeit zu zweit ist die Grundvoraussetzung, um in der Beziehung zufrieden zu sein. Ich kann mich nicht zwischen Tür und Angel emotional öffnen. Dafür braucht es Zeit und Musse. Wenn uns solche Gespräche fehlen, werden wir uns fremd und wissen nicht mehr, was uns gegenseitig bewegt. Natürlich sind auch verbindende Erlebnisse wichtig. Darum ist es in diesem Übergang zum Eltern sein umso wichtiger, uns trotz chronischem Zeitmangel und allerlei Herausforderungen und Belastungen im Alltag gemeinsame Inseln zu schaffen. Dazu braucht es manchmal Vereinbarungen und fix eingeplante Termine, an denen wir exklusiv Zeit für uns als Paar haben. Wir müssen ja nicht immer etwas Grossartiges unternehmen. Es geht darum, dass wir uns wohl fühlen, die gemeinsame Zeit geniessen können uns es zwischendurch nur um uns beide geht. Um uns, und darum, was uns bewegt, freut und was wir uns wünschen. Diese Momente machen uns als Paar und als junge Eltern stark. geschrieben von Noëmi Ruther
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